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Politische Wahlen: Politische Wahlen sind ein Verfahren, bei dem die Bürgerinnen und Bürger Personen wählen, die sie in der Regierung vertreten. Die Wahlen finden in der Regel in regelmäßigen Abständen statt, und die Wähler können aus einer Vielzahl von Kandidaten wählen. Die Wahlen werden nicht vom Staat, sondern vom Volk durchgeführt. Siehe auch Demokratie, Wahlsysteme.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Politik Russlands über Politische Wahlen - Lexikon der Argumente

Krastev I 99
Politische Wahlen/Manipulation/Politik Russlands/Krastev: (...) es ist einfach unmöglich, Putins Russland zu verstehen, ohne die Wahlmanipulation zu berücksichtigen.
Frage: Warum brauchte Putin Wahlen, wenn nur eine Minderheit der Russen glaubte, dass Russland eine Demokratie werde, und fast niemand außerhalb Moskaus glaubte, dass Russland bereits eine Demokratie sei"?(1) Und warum wurden die Wahlen im Kreml auf eine so eklatante Weise manipuliert, dass niemand daran zweifeln konnte, dass sie manipuliert wurden (durch Sperrung von
Krastev I 100
potentiell attraktiven Kandidaten zum Beispiel) und dass der Kreml die Manipulation vorgenommen hat? Dass Wahlen "manipuliert" sind, wie Julia Ioffe bemerkte, ist "etwas, das jeder in Russland, unabhängig von seiner Rhetorik oder politischen Überzeugung, kennt und akzeptiert"(2).
Krastev I 101
Dennoch hätte Putin seine Macht nicht ohne den Rückgriff auf periodisch manipulierte Wahlen gewinnen und erhalten können. Dieses Paradoxon ist vielleicht das bestgehütete Geheimnis des postkommunistischen Russlands. Russlands manipulierte Wahlen waren in transparenter Weise unzulängliche Imitationen der westlichen Demokratie. Aber sie waren nicht nur eine dekorative Fassade. Wie Pawlowski voraussah (>Politische Technologie/Krastev), trugen die periodischen Wahlen zunächst dazu bei, die "alternativlose" Begründung für die Herrschaft Putins zu konstruieren und regelmäßig nach Hause zu bringen. (...) Umfragen im Jahr 2011 bestätigten die These, dass Putins 'Popularität' die 'Trägheit' der Bevölkerung und 'das Fehlen anderer Alternativen' widerspiegelt(3).
Krastev: Aber genau darum geht es. Wenn die Wähler davon überzeugt werden könnten, dass es keine gangbare Alternative zur derzeitigen Führung gibt, würden sie sich fatalistisch an den Status quo anpassen.
Krastev I 102
Gefälschte Wahlen boten der scheinbaren Machtpartei auch regelmäßig Gelegenheit, sich neu zu profilieren. Indem sie neue Slogans prägte und sogar neue Gesichter einführte, konnte sich Putins Partei "Einiges Russland" als eine Kraft sowohl für Stabilität als auch für Veränderungen präsentieren(4). >Politische Technologie/Krastev.
Gefälschte Wahlen standen auch im Mittelpunkt von Putins ständig neu ausgehandeltem Vertrag, der nicht mit dem Volk, sondern mit den regionalen Eliten ausgehandelt wurde. (...), Wahlen dienten als Hauptinstrument zur Kontrolle der politischen Elite des Landes und zur Rekrutierung neuer Kader (...).
Krastev I 103
Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts dienten periodische Wahlen auch dazu, die nationale Einheit Russlands zu demonstrieren (d.h. zu übertreiben) und die imaginäre Kohärenz und Solidarität des Putin-Landes zu dramatisieren. Eine weitere Funktion der manipulierten Wahlen in Russland während des ersten Putin-Jahrzehnts bestand darin, eine Grenze zu ziehen zwischen der "loyalen Opposition" und dem, was der Kreml als eine fünfte Kolonne von Feinden und Verrätern ansah.
Krastev I 104
Imitation/Autorität: (...) Putins manipulierte Wahlen dienten nicht der Nachahmung der Demokratie, sondern vielmehr der Nachahmung des Autoritarismus.
Krastev I 132
Eine kürzlich durchgeführte Studie hat ergeben, dass im letzten Jahrzehnt das Vertrauen in die Demokratie in den entwickelten Demokratien des Westens abgenommen hat und dass das Niveau des
Krastev I 133
Misstrauens gegenüber der Demokratie als politischem System unter den Jüngeren am größten ist(5). Ein zentraler Pfeiler von Putins antiwestlicher Politik ist es, diese Zweifel zu nähren und den amerikanischen und europäischen Bürgern immer mehr Gründe zu geben, nicht daran zu glauben, dass periodische Wahlen im Westen zum Vorteil der Öffentlichkeit wirken.

1. In Levada-Center polls between 2005 and 2015, around 34 per cent of respondents reported that 'development of democracy' is what 'most accurately describes the situation in the country.'
2. Julia Ioffe, 'The Potemkin Duma', Foreign Policy (22 October 2009).
3. Michael Schwirtz, 'Russians Shrug at Prospects of Another Putin Term, Poll Shows', The New York Times (7 October 2011).
4. The Kremlin's game with United Russia is quite complicated: it should be assured of winning over its nominal competitors, yet in such a way that it never appears a strong force or a genuine 'people's party' - for that might turn it into a challenger or rival to the Kremlin.
5. Yascha Mounk, The People vs. Democracy: Why Our Freedom Is in Danger and How to Save It (Harvard University Press, 2018).


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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Politik Russlands

Krastev I
Ivan Krastev
Stephen Holmes
The Light that Failed: A Reckoning London 2019

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